Links zu den Zeitungsartikeln
https://www.buerstaedter-zeitung.de/kultur/ausstellungen/die-welt-der-wolken_18843866
https://www.lokalezeitung.de/2019/04/15/wenn-wolken-bilder-bilden/
https://journal-lokal.de/rheinhessen-mainz/2020/07/83561/
So unterschiedlich ist Widerstandskraft
oder: Über die Kraft in Krisen
Sieben Künstlerinnen zeigen ihre Arbeiten zum Thema Resilienz an
zwei Wochenenden in der Schmiede Wettig
Es ist ein hochaktuelles Thema: Besonders in Krisensituationen ist Resilienz wichtig - und das betrifft nicht nur Menschen, sondern auch die Natur. Resilienz, das ist Stärke, Widerstandskraft, aber auch Anpassungsfähigkeit. Nahezu alle Wesen auf dieser Erde können resilient reagieren, können sich mit neuen Bedingungen und Gegebenheiten auseinander setzen, sie hinnehmen, aushalten, sie ändern oder sich anpassen, um schwierige oder existenzgefährdende Situationen gut zu überstehen.
Dabei kann sich Resilienz höchst unterschiedlich zeigen.
Für die Ausstellung „resilienzen“, die vom 7. bis 16. Oktober in der Schmiede Wettig in Nieder-Olm gezeigt wird, haben sich die sieben Künstlerinnen der Künstlerinnengruppe Kunstwaggon mit dem Thema befasst.
Sabine Graf, Irmela Heß, Beate F. Mertel, Renate Moschinski, Dorothee Rübel,
Simone von Stockhausen-Taufenbach und Elisabeth Wirsch-Kling zeigen die Ergebnisse ihrer
individuellen und vielschichtigen Auseinandersetzung mit der menschlichen und natürlichen
Widerstandskraft, die manchmal auch an ihre Grenze kommt.
Zu sehen sind sieben künstlerische Positionen in Öl- und Acrylgemälden, Druckgrafiken und Collage-Arbeiten.
Die Menschen beweisen ihre Stärke, indem sie aushalten, sich wehren, protestieren, Probleme lösen, Rettung suchen, einen eigenen Weg finden, damit sie gut weiter leben können.
Die Natur hingegen passt sich permanent an die herrschenden und die sich ständig ändernden Bedingungen auf unserem Planeten an.
Die Ausstellung ist geöffnet:
an den Wochenenden 8./9. Oktober und 15./16. Oktober, jeweils von 13 bis 18 Uhr.
Vernissage: Freitag, 7. Oktober, 19 Uhr, Schmiede Wettig, Enggasse 15, 55268 Nieder-Olm
Mehr Info: www.glockwerk.de
Die Künstlerinnen und ihre Positionen:
Nicht nur für Individuen ist Resilienz überlebenswichtig - auch ganze Gesellschaften müssen sich mit Robustheit, Einfallsreichtum und Schnelligkeit gegen Naturkatastrophen oder autoritäre Übergriffe wehren. Die Künstlerin Elisabeth Wirsch-Kling hat sich mit Cacerolazo beschäftigt, so bezeichnet man in Südamerika eine laute Form des Protests mit Töpfen und Pfannen, um auf Missstände aufmerksam zu machen. Zuletzt konnten auch in Myanmar und China Menschen so mobilisiert werden.
Sind Naturvölker resilient? Mit dieser Frage beschäftigt sich die Künstlerin und Ärztin Sabine Graf. Was einst Tradition und Widerstand war, fällt heute zunehmend dem Ethnotourismusgeschäft zum Opfer: War das Tragen des schweren Messingringschmucks bei den Padaung in den Bergen Myanmars früher die stolze Bekenntnis zu ihrer Herkunftsgruppe und die Kunst des Korbflechtens auf Flores ein geschätztes Handwerk, so mutieren die Traditionen durch wachsenden Tourismus und findige Geschäftsleute zur Einnahmequelle, die Menschen werden zum bestaunten Fotoobjekt.
Die Fähigkeit, Krisen zu bewältigen und sie durch Rückgriff auf persönliche und sozial vermittelte
Ressourcen als Antrieb für die eigene Entwicklung zu nutzen - darum geht es in den Collage-Arbeiten der Künstlerin und Juristin Simone von Stockhausen-Taufenbach. Die psychische Widerstandskraft wird in Frauencollagen symbolisiert. Frauen können ihr Schicksal bestimmen, indem sie ihren eigenen Weg gehen, für ihre Rechte, ihre soziale Existenz einstehen. Jede Krise - Krieg, Verlust, Bedrohung - bedeutet Veränderung. Stärke und Verletzlichkeit werden auf den Werken sichtbar und treten in Dialog mit dem Betrachtenden, der entscheidet, welche Art der Resilienz er sieht.
Ein Kalender mit harmonischen Kinderfotos aus dem Jahr 1943. Harmonie? 1943? Ignoriert die
Fotografin den Krieg? Oder möchte sie Hoffnung vermitteln, dass Kinder die innere Stärke haben,
kritische Situationen gut zu überstehen? Diesen Gedanken greift Irmela Heß auf. Sie nimmt die alten Fotos als Grundlage und zeigt die Kinder in neuen, schwierigen Lebenssituationen - verbunden mit der Hoffnung, dass sie die Resilienz haben, diese gut zu bewältigen.
Mit einer Taufszene verdeutlicht die Künstlerin Renate Moschinski ihre Position zum Thema
„resilienzen“. Denn Wasser als Lebenselixier hat eine große Symbolkraft. Wasser spendet Leben,
reinigt, schenkt Ruhe und Entspannung. Eine enorme Kraft geht vom Wasser aus. Wer sich dem
aussetzt, muss sich verändern.
Pflanzen sind an ihren Lebensraum angepasst. Allen gemeinsam ist, dass sie Wasser zum Leben
benötigen. Der Wandel der Ökosysteme durch extreme Veränderungen ist das Thema der Künstlerin und Botanikerin Beate F. Mertel. In ihren Bildern sollen weiße Pflanzenteile diese Änderungen im Ökosystem verdeutlichen. Über das entfärbte Stadium werden die Pflanzen erst transparent, dann lösen sie sich auf. Sie haben den geänderten Lebensbedingungen lange standgehalten, bis sie nichts mehr entgegensetzen können. Der Verlust der Pflanzenvielfalt ist unwiederbringlich.
Der Inbegriff von Widerstandskraft und Anpassung an widrige Umstände sind für die Künstlerin
Dorothee Rübel alte Bäume. In der Serie Baumpersönlichkeiten zeigt sie, ähnlich einer Ahnengalerie, in einer Reihe von Radierungen eindrucksvolle Beispiele davon. Doch die Bäume sind in Gefahr, durch menschengemachte Veränderungen und den Klimawandel werden ihre Jahrtausende alten Schutzmechanismen ausgehebelt. Dies zeigt ihre zweite Serie Baumschicksale in kleinformatigen Ölbildern. Bildträger ist hierbei eine Holzfaserplatte, sozusagen ein Endprodukt der Holzindustrie.